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#FEMALE PLEASURE – ein Film, der begeistert

Diese Doku berührt, bewegt, klärt auf, packt und treibt uns vorwärts. Sowohl Dramaturgie, Musik, Montage wie Bilder überzeugen und reißen einen mit, bis man am liebsten aufstehen und die Faust – wie auf dem Filmplakat – in die Luft stoßen will. Der Film kommt mit der klaren Aussage: Es geht nicht darum, ein Geschlecht über das andere zu stellen, sondern unser aller Denken muss sich ändern. Ein Thema, das noch immer nicht an Relevanz und Brisanz verloren hat. Ein Film, den unbedingt auch möglichst viele Männer gucken sollten.

Fünf Mal Unterdrückung und Kampf

Die Doku erzählt die Geschichte von fünf Frauen aus unterschiedlichen Ecken der Welt, die den fünf großen Buchreligionen angehören. Doch egal welche Religion, sie alle legen ihre Heilige Schrift und Glauben so aus, dass sie den patriarchalen Machtanspruch legitimieren und festigen. Frauen werden systematisch als gefährlich, unrein, sündhaft und defizitär erklärt, sie werden kontrolliert, entmachtet und ihre Körper mit Scham- und Minderwertigkeitsgefühlen belegt.

So lernen wir Deborah Feldmann aus einer ultraorthodoxen jüdischen Community in New York kennen, die zwangsverheiratet wurde und schließlich mit ihrem Sohn floh und ein neues Leben begann. Sie hat ihre Erfahrungen in dem Roman »Unorthodox« verarbeitet. Außerdem kommt die ehemalige katholische Ordensschwester Doris Wagner zu Wort, die unter dem Dach der Kirche mehrfach sexuell missbraucht wurde. Und dann ist da Leyla Hussein, eine somalische Frauenrechtlerin, die gegen die Praxis der Genitalverstümmelung ankämpft und aufklärt. Eine weitere Protagonistin und Heldin dieses Films ist Rokudenashiko, eine japanische Pop Art- und Manga-Künstlerin, die für ihre Vulva-Kunst wegen Obszönität gerichtlich verurteilt wurde. Und zu guter Letzt wird vom Kampf der indischen Frauenaktivistin und Startup-Gründerin Vithika Yadav erzählt. Sie betreibt »Love Matters«, eine Plattform, die über Liebe, Sex und Zärtlichkeiten aufklärt und Menschen in den Diskurs miteinander bringt und gibt Workshops und Veranstaltungen, wo sie für Consent-Beziehungen und Liebesheirat eintritt und zu zivilem Mut bei Belästigungs- und Vergewaltigungsvorfällen aufruft.

Diese fünf Frauen führen exemplarisch und stellvertretend ihre Wege zur Selbstbestimmung vor, sie alle haben sich aus unterdrückenden Strukturen freigekämpft und sind an die Öffentlichkeit gegangen, um so einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen.

#metoo, #greatconsent, #bodypositivity – der emanzipatorische Kampf der Frauen bekommt zur Zeit viel Aufmerksamkeit in den Medien, und doch liegt noch ein weiter Weg vor uns und es ist absolut notwendig, strukturelle Ungerechtigkeiten immer wieder zu thematisieren

Die fünf Aktivistinnen zeigen, dass die Unterdrückung der Frau ein globales und noch sehr aktuelles Problem ist. Der Kampf um Ermächtigung und Gleichberechtigung muss von allen geführt werden, in Kunst, Gesellschaft und Alltag, um patriarchale Strukturen, die besonders die Religionen festigen wollen, schließlich aufbrechen zu können. Die Frau wurde durch die Jahrhunderte hinweg bis heute abwechselnd heilig gesprochen und zur Sünde erklärt, zum Sexualobjekt stilisiert und/oder verhüllt und versteckt. Weibliche Körper und Sexualität werden negiert und fremdbestimmt. Es ist höchste Zeit, den Schritt zur Selbstermächtigung, zu Freiheit und Gleichheit zu gehen, offen miteinander umzugehen, Toleranz und Verständnis zu leben.

Die #metoo-Debatte hat eine breite Diskussion über Sexismus und Machtmissbrauch losgetreten. Die fünf Protagonistinnen dieser Doku haben jede andere Facetten dieser sträflichen Ungerechtigkeit kennengelernt. Iihre Geschichten erschüttern, aber ermutigen auch. Der Film baut mit seinen Bildern eine sehr intensive Verbindung zu den ZuschauerInnen auf und rüttelt eindringlich und nachhaltig wach.

Frauen erfahren überall auf der Welt körperliches Leid und geistige Unterdrückung. Geschlechterakzeptanz, Toleranz und Gleichheit hinsichtlich sexueller Ausrichtung und Lust ist noch lange keine Selbstverständlichkeit und besonders in streng ausgelegter Religiosität – hier ähneln sich Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus auf erschreckende Weise – tritt Angst und Kontrollsucht dem ‘anderen Geschlecht‘ gegenüber deutlich zutage. Auch der Hoffnungsträger der katholischen Kirche, Papst Franziskus, enttäuscht in Sachen Aufarbeitung von sexueller Gewalt und Pädophilie.

Fazit: Wie aus Wut Mut wird

Wie diese fünf Frauen gegen etablierte Strukturen rebellieren – mit Wut, Hoffnung, Beharrlichkeit und Stärke –, wie sie versuchen, ein selbstbestimmtes, aufgeklärtes und sexuell befreites Leben zu leben und vorzuleben, ist beeindruckend, ermutigend und großartig anzusehen. Ein enorm wichtiger Film!

Einziges Manko: Der Film legt zu wenig Sensibilität bei der Benennung der weiblichen Geschlechtsteile an den Tag, schade.

»#Female Pleasure« (CH/D 2018)
Genre: Dokumentarfilm
Regie und Drehbuch: Barbara Miller
Länge: 101 min
FSK: 12
Filmstart: 07.11.18 (läuft noch im Kino)

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