Ocean Vuong »Auf Erden sind wir kurz grandios«
Nach seinem gefeierten Gedichtband »Nachthimmel mit Austrittswunden« erscheint nun das Romandebut des vietnamesisch-amerikanischen Dichters Ocean Vuong – ein Text, der genau wie sein Autor zwischen Prosa und Lyrik schwankt und eine kraftvolle Geschichte von Krieg und Gewalt, Flucht, Ausgrenzung, Liebe und Tod erzählt, und vom Versagen des ›Amerikanischen Traums‹. »Ich erzähle dir weniger eine Geschichte als ein Schiffswrack – die Teile dahintreibend, endlich lesbar.« (182) Dieser wohl autofiktionale Text nimmt die Gestalt eines Briefes an die Mutter an, eine Nagelstudioarbeiterin in Connecticut, die weder Englisch noch überhaupt Lesen kann. »Ich traue mich nur deshalb, dir zu erzählen, was jetzt kommt, weil die Chancen, dass dieser Brief dich findet, gering sind – nur der Umstand, dass es dir nicht möglich ist, all das zu lesen, macht es mir möglich, es zu erzählen.« (113) Seine Großmutter Lan, die damals vor ihrem ersten Mann weggelaufen war, hatte sich als Bauernmädchen in Vietnam während des Kriegs in einen US-Soldaten verliebt – die gesamte Familiengeschichte des Protagonisten wurzelt also im Krieg, ist die Saat der Gewalt. Aufgewachsen ist der Ich-Erzähler, …