Samanta Schweblin »Hundert Augen« – mehr »Black Mirror« als Orwell
Anonym durch fremde Leben spazieren In »Hundert Augen« nimmt uns die argentinische Autorin mit in eine alternative Welt, die stark von einer neuen technischen Erfindung geprägt ist: Kentukis sind niedliche Kuscheltiere in verschiedenen Formen, die sich auf Rollen bewegen können. Hinter ihren Augen ist eine Kamera installiert, die eine*n anonym bleibende*n User*in mit Bildmaterial aus der Umgebung des Kentukis versorgt und diese*r User*in kann über ein technisches Device den Kentuki steuern, der sich durch das Leben seiner*s Käufer*in bewegt. Es wird eine Verbindung zwischen zwei zufällig gematchten Menschen erschaffen: User*in und Käufer*in. So entstehen ganz ähnliche Netzwerke wie diejenigen, die auch unsere reale Gegenwart prägen. Und was noch frappierender ist: Es entstehen massenweise neue, anonyme Mitbürger (bzw. zweite Identitäten), für die keine klare Rechtslage existiert. Diese Kentuki-Spieler*innen haben keine eigenen Rechte, sie sind aber auch nicht strafmündig. Samanta Schweblin erzählt von der Technikfaszination und der Innovationslust des Menschen, aber auch davon, dass die Menschen nicht in der Lage sind, die Auswirkungen ihrer Technologien einzuschätzen und verantwortungsbewusst damit umzugehen. Sie erzählt episodisch von diesen Menschen, wobei …