Alle Artikel mit dem Schlagwort: Freundschaft

»Olga« von Bernhard Schlink

In seinem neusten Roman erzählt Bernhard Schlink die Lebensgeschichte von Olga Rinke – einer Frau, die im Leben kämpfen muss. Sie wächst um 1850 in ärmlichen Verhältnissen auf, muss sich ihre Rechte als Frau und ihren Traum als Lehrerin zu arbeiten hart erkämpfen und doch ein Leben lang die Beziehung zu ihrem geliebten Herbert verheimlichen, da dieser als Erbe eines reichen Gutsherrn sich nicht mit einem Mädchen aus dem Dorf abgeben soll. Ihr Leben ist gezeichnet von etlichen Schicksalsschlägen, Verlusten und Entbehrungen. Trotz alledem gibt sie nicht auf, hofft, liebt, leidet und führt doch immer das selbstbestimmte, unabhängige und freie Leben einer starken Frau. Der Roman verhandelt große deutsche Geschehnisse des 20. Jahrhunderts. Neben Olgas Schicksal, dass eng mit Herberts verwoben ist, wird von der Bildung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika berichtet, in der Herbert als Soldat Teil war, vom ersten und zweiten Weltkrieg, von Kamtschatka u.a. fernen Ländern in die Herbert Reisen unternimmt, von seiner Expedition in die Arktis, vom Leben nach dem 2. Weltkrieg, von Studentenunruhen in den 50ern… und immer mittendrin – Olga. Dieses …

»Es war einmal Indianerland« (Film) –
Coming-of-Age mal anders?!

»Und das bist du: der Lärm in deinem Kopf.« Mauser ist 17 und kommt aus einem Hochhausviertel am Stadtrand von Hamburg. Sein Leben wird geprägt von unverputzten Brutalismus-Platten-Fassaden, Gewalt, Kriminalität und Konkurrenz unter den Ghetto-Kids. Um dieser Großstadt-Tristesse zu entfliehen, macht Mauser das Boxen zu seiner Welt. Doch alles gerät schließlich aus den Fugen, als er sich auf einer Party im Schwimmbad in die so schöne wie aufregende Jackie verliebt. Doch was seine Welt so richtig zum Einstürzen bringt, ist, als Kondor, sein bester Freund aus dem Viertel, ihm den Krieg erklärt und zum Duell herausfordert – im Boxring selbstverständlich – und dann auch noch Mausers Vater Zöllner verschwindet, nachdem er im Streit seine Freundin erwürgt hat. Die große Suche führt ihn zusammen mit Edda, der sonderbaren Videotheks-Aushilfskraft, auf ein Musikfestival an der polnischen Grenze: Eine ungewöhnliche Kombination aus dem Versuch, seinen kriminellen, flüchtig gewordenen Vater zu stellen und einem großen, mit Glitter kandierten Drogenrausch als Reise auf den Wellen der Elektromusik ins innere Ich. Und schließlich muss Mauser sich entscheiden… »Denn diese Generation ist …

Ein echter Glücksgriff: »Auerhaus« von Bov Bjerg

Bov Bjerg alias Rolf Böttcher ist ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist und mit »Auerhaus« gelingt ihm ein tragikomischer Roman, der unter die Haut geht. Erschienen ist sein zweiter Roman 2017 bei Aufbau Taschenbuch. Was will man mit seinem Leben anfangen und wie stellt man es an, glücklich zu sein? Ende der 80er Jahre gründen sechs Freunde eine WG in einem alten Bauernhaus auf dem Land. Das »Auerhaus« ist zugleich Schauplatz, Trainingszentrum, Begegnungsstätte, Labor und Geburtsort verrückter Ideen, tiefer Gespräche und einer Menge Unfug und Lebensmut. Das Leben im »Auerhaus« soll ein Schonraum sein, ein Refugium, doch die sechs Mitbewohner müssen schneller als ihnen lieb ist feststellen, dass das richtige Leben sich nicht aussperren lässt… Sechs Freunde sollt ihr sein Nach Frieders Selbstmordversuch ist es sein bester Freund, der vornamenlose Höppner Hühnerknecht, aus dessen Sicht die Geschichte auch erzählt ist, der versucht, ihn zu verstehen und wieder glücklich zu machen. Die Idee ist, eine WG aus sechs Freunden zu gründen, die nach Frieders Entlassung aus der Geschlossenen zusammen in dem Haus seines gestorbenen Großvaters auf ihn …

»Der Gott der kleinen Dinge« von Arundhati Roy –
ein tragisch-schönes Indienportrait

Das literarische Debut der indischen Schriftstellerin und politischen Aktivistin Arundhati Roy erschien erstmals 1997 und ist die Geschichte über eine Liebe, die alle Grenzen der Vernunft und Konvention überschreitet und eine Familie zerstört. Roys mit dem Booker Prize ausgezeichneter, sprachlich sehr eigensinniger Roman avancierte zum Weltbestseller. »Dass es wirklich begann in den Tagen, als die Gesetze der Liebe erlassen wurden. Die Gesetze, die festlegten, wer wie geliebt werden sollte. Und wie sehr.« (S. 51) Erzählt wird eine tragisch verlaufende Familiengeschichte im Indien Ende der 1960er Jahre vor dem Hintergrund politischer Umbrüche. Ammu ist alleinerziehende Mutter von den sehr kreativen, eigenwilligen und deshalb umso liebenswerteren zweieiigen Zwillingen Estha und Rahel, aus deren Sicht zum größten Teil erzählt wird. Auch wenn die beiden Zwillinge »mit einer siamesischen Seele« erst acht sind, ahnen sie schon dass es die kleinen Dinge im Leben sind, auf die es ankommt, wohingegen die großen Dinge im Inneren lauern und die ganze Welt von einen Moment auf den nächsten von Grund auf verändern können. Sie werden Recht behalten. Sehr eindringlich und atmosphärisch dicht …

Warum das #FerranteFever nicht
ansteckend ist: Eine Rezension

Der knapp 450 Seiten schwere Roman »Meine geniale Freundin« von Elena Ferrante ist im Literaturbetrieb eingeschlagen wie eine Bombe und der Auftakt einer vierteiligen Neapel-Saga. Bis Ende 2017 sollen alle Teile in Deutschland erscheinen. Elena Ferrante hat sich als Pseudonym einer anonymen italienischen Autorin entpuppt, hinter dem wahrscheinlich die Literaturübersetzerin Anita Raja steckt. Die Geschichte einer lebenslangen, ungewöhnlichen Frauenfreundschaft Im ersten Roman der Saga wird die Kindheit und frühe Jugend der beiden Freundinnen Elena Greco und Raffaella Cerullo, genannt Lila, erzählt. Die drei Folgeromane werden die Leben der beiden mehr oder weniger chronologisch weitererzählen. Elena ist die Ich-Erzählerin, aus deren Sicht der Leser die Welt der beiden Freundinnen im neapolitanischen Rione mitverfolgt. Eine geniale Freundin? Wir befinden uns im Neapel der 1950er Jahre. Die früheste Jugend der neapolitanischen Kinder, die in der gettoartigen Region des Rione aufwachsen und es nur schwer werden verlassen können, ist geprägt von bitterer Armut und der Gewalt innerhalb und zwischen den alteingesessenen Familien. Außerdem sind die Mädchen den ständigen Gemeinheiten und kleineren Gewalttaten der Jungenbanden ausgesetzt. Doch dominierend für die …

Lasst euch verzaubern: Jan Schomburg »Das Licht und die Geräusche«

Wie stellt man es an, das richtige Leben? Und was spricht gegen das Sterben? Der erste Roman des Filmregisseurs und Drehbuchautors Jan Schomburg (Ȇber uns das All«, »Vergiss mein Ich«, »Vor der Morgenröte«) ist ein zarter und fragender Blick auf die schwierigen Jahre der Pubertät. »›Und es ist doch komplett albern, dass man so an diesen paar lächerlichen Jahren hängt. Albern! Als würde noch irgendwas Weltbewegendes passieren, bis man dann irgendwann stirbt. Sag doch mal, ganz ehrlich jetzt: Du kannst doch auch nichts sagen, was jetzt wirklich dagegen spricht, außer dass man vielleicht Angst hat davor oder man sich eigentlich ganz wohl fühlt, wie man so lebt.‹« (S. 41) »Das Licht und die Geräusche« ist Johannas Antwort auf die Frage, was eigentlich für das Leben spricht. Johanna ist in ihren allerbesten Freund Boris verliebt. Das glaubt sie zumindest. Dass es dennoch zu keinem Kuss kommt, – und das, obwohl sie doch nur drei Zentimeter von einem entfernt war – liegt wohl an Ana-Clara, Boris‘ Freundin in Portugal. Boris ist neu an Johannas Schule und beeindruckt …

Elena Ferrante
»Die Geschichte eines neuen Namens«

»Die Geschichte eines neuen Namens« ist nach »Meine geniale Freundin« der zweite Band der neapolitanischen Saga um die beiden Freundinnen Elena und Lila. Können angelegte Potenziale nun besser ausgeschöpft und Schwächen ausgebügelt werden? Bei dem neuen, oder besser verlorenen, Namen, auf den der Buchtitel anspielt, handelt es sich um Lilas Nachnamen. Von der kleinen wilden Cerullo darf nach ihrer Hochzeit nichts mehr in Signora Carracci übrigbleiben. Der neue Nachname steht für ihre verlorene Identität und Eigenständigkeit, denn nun soll sie so sein, wie der Unternehmer Stefano Carracci sich seine Frau vorstellt. Als klar wird, dass Stefano hinter dem Rücken seiner Verlobten mit den Solaras in Kontakt stand und Geschäfte mit ihnen gemacht, ja sogar Lilas heiligen Schuhprototypen verkauft hat, kommen in Elena die schlimmsten Flucht- und Gewaltfantasien auf. Ihr Hass auf den Rione und seine eigene Politik aus krummen Geschäften und Verstrickungen schweißt sie zwangsläufig mit Lila zusammen. Eine gemeinsame Flucht aus diesem dunklen Loch ihrer Kindheit ist die einzige richtige Reaktion. Oder? »Ja, ich spürte, dass ich mir das wünschte, ich wollte, dass das …