Hörbuch, Titel
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New Perspectives, new Me

Eine kleine Auswahl an Büchern, die ich euch ans Herz lege, um neue Blickwinkel einzunehmen, Inspiration für alternative Lebensentwürfe und Mutmacher, um patriarchale Rollenklischees über Bord zu werfen!

Was, wenn Disneys Happily ever after nicht das höchste meiner Gefühle ist? Uns fehlen die Vorbilder für all diejenigen, die nicht Auto, Haus und Ring ganz oben in ihrem 5-Jahres-Plan notiert haben.

Schon als kleine Mädchen werden wir darauf eingeschworen, dass unser Lebenstraum die monogame Ehe und Kernfamilie sein soll. Bis zum Ende unseres Studiums darf dieser Traum noch um die Fantasie eines Eigenheims mit Doppelgarage erweitert werden. Alle, die sich nicht in diesem Wunschtraum wiederfinden, werden stigmatisiert. Ganz besonders die alleinstehende Frau. So früh lernen wir bereits, dass die Daseinsberechtigung einer Frau an gewisse Funktionsausübungen geknüpft ist, dass sie ihre Berechtigung in Relation zu anderen Menschen liegt, in der Fürsorge, im Muttersein. Mädchen wird beigebracht, harmlos zu sein, People Pleaser, Pick-me-Girls.

Was für unabhängige, in sich zufriedene Frauen könnten wir sein, wäre es anders? Das ist eins der feministischsten Dinge, die man tun kann: Schritt für Schritt die Frau zu werden, die man eigentlich sein sollte.

Wenn ihr auch etwas Input und Inspiration auf diesem Weg gebrauchen könnt, helfen euch vielleicht diese Bücher, die mich in letzter Zeit sehr bewegt und beeinflusst haben.

»Backlash« von Susanne Kaiser

Für alle, die glauben wollten, dass wir mit der Gleichberechtigung der Geschlechter fast am Ziel wären, ist dieses Buch ein brutaler Weckruf. »Es ist erschreckend, wie viel Gewalt gegen Frauen unbemerkt geschieht. Susanne Kaiser macht diese Gewalt öffentlich. Jetzt kann niemand mehr sagen, er habe von nichts gewusst.« (Georgine Kellermann). Messerscharf beobachtet und bedrückend erzählt führt Susanne Kaiser vor Augen, wie auf jede fortschrittliche Entwicklung der Emanzipation ein Backlash stattgefunden hat, ein Rückschritt in Form von erstarkenden Konservativen und Populisten, von Gesetzen, die längst erstrittene Frauenrechte wieder rückgängig machen. Und im Privaten einer Welle aus Gewalt, die die männliche Mehrheitsgesellschaft über den Marginalisierten ausschüttet, um sie wieder zurückzudrängen. Susanne Kaiser analysiert die zunehmende häusliche Gewalt während des Corona-Lockdowns, berichtet von den Ungeheuerlichkeiten der Frauenhäuser, beleuchtet Internet-Phänomene der Incel-Szene und Tötungsfantasien auf TikTok und bringt all das in einen größeren Zusammenhang: Eine neue Qualität des Frauenhasses als Reaktion auf die zunehmende Gleichberechtigung. Ein so erhellendes wie erschütterndes Buch.

In dem Maß, in welchem Frauen Macht und Kontrolle gewinnen, verlieren Männer diese. Gleichzeitig sind wir aber noch nicht so weit, dass sich auch das Frauenbild oder Männerideal schon komplett geändert hätte. Männliche Überlegenheitsgefühle spielen immer noch eine Rolle. Aus dieser Spannung speist sich der Hass auf Frauen. Gerade dort, wo die Gleichberechtigung besonders wirkmächtig war, ist der Backlash umso heftiger. Wie können wir aus dieser Hassdynamik wieder hinausfinden?

»Die singuläre Frau« von Katja Kullmann

Das Singlesein hat nicht gerade den besten Ruf, zumindest für Frauen. Handelt es sich nur um eine kurze Periode zwischen zwei Beziehungen ist es vertretbar, aber entpuppt man sich schließlich als Langzeit-Single, ist der Schock groß. Mitleid, gutgemeinte Ratschläge, hämische Kommentare und stutenbissiges Misstrauen schlagen einem entgegen. Seit Carrie Bradshaw und Bridget Jones wissen wir alle, dass es kein Happy End ist, wenn die Frau noch allein ist. Dass aber eine enge, monogame Langzeitbeziehung nicht für jede von uns das richtige ist, traut sich niemand auch nur zu denken. Dass klammernde Pärchen vielleicht viel egoistischer sind und einiges in ihrer Fixiertheit aufeinander vom Leben verpassen, dass das Singledasein eine Erfüllung sein kann und dass es einen für viel Schönheit, spontane Begegnungen und persönliches Wachstum öffnen kann, von all dem und vielem mehr erzählt Katja Kullmann in ihrem längst überfälligen Buch über die »Singuläre Frau«.

»Unlearn Patriarchy« herausgegeben von Lisa Jaspers, Naomi Ryland und Silvie Horch

Das Patriarchat bleibt aufrechterhalten, weil wir alle an bestimmte Erzählungen glauben – und sie als Wahrheit betrachten.

Emilia Roig: unlearn liebe.

Das Patriarchat als strukturelle Gesellschaftsordnung steckt in uns allen. Wir haben Verhaltensweisen und Überzeugungen internalisiert, sind von Erlebnissen geprägt, haben Traumata geerbt. Ein bewusster Prozess des Verlernens muss auf den unterschiedlichsten Ebenen stattfinden, um in eine neue Zukunft zu führen. In 15 Essays liefert diese Anthologie Anregungen dafür, wie wir das Patriarchat im kleinen und großen Maßstab abwählen können. Sei es beim Finden einer neuen Sprache, beim Überwinden von binären Gendervorstellungen, im Neudenken und Ausloten von alternativen Formen der Liebe, der Arbeit, der Familie, im kritischen Hinterfragen von Kapitalismus, Geld und Macht. Springt in den Beitrag rein, dessen Kernthema euch am meisten triggert, und ihr werdet eine sehr persönliche Streitschrift vorfinden, die das subversive Potenzial hat, diese Welt zu verändern!

»Das Ende der Ehe« von Emilia Roig

Emilia Roig versucht in diesem Buch nichts weniger, als unsere Idee der Liebe zu revolutionieren. Wieso privilegiert der Staat die (heterosexuelle) Ehe als Lebensform mit all seiner Macht und seinem Einfluss auf Individuen? Wieso lernen Mädchen sich von dem ersten Tag an, an dem sie aufrecht in einem Kleidchen stehen können, nach ihrer eigenen Hochzeit zu sehnen, während Männer an ihrem Junggesellendasein hängen wie an ihrem besten Stück? Wollen Männer wirklich Gleichheit, wenn das bedeutet, dass sich auch Mental Load und Care Arbeit geteilt wird? Wer darf in unserer Gesellschaft heiraten und wer wird regelrecht dazu gezwungen? Wie hängt Ehe und Sexarbeit zusammen und ist Penetrationssex nicht einfach die Ausübung patriarchaler Macht? Und in wie fern hat der schönste Tag unseres Lebens immer noch mit Kontrolle und Besitztumsregelung zu tun? Emilia Roig geht in diesem Buch auf die ganz unbequemen Fragen ein, gibt ihre sehr persönlichen, gleichermaßen mutigen wie provokanten Antworten und entwirft Szenarien, die nach dem Ende der Ehe stehen könnten.

Die Ehe zu kritisieren, macht unbeliebt. Aber wer das Patriarchat verstehen will, muss mit der Ehe anfangen. Heute noch bleibt sie die wichtigste Säule der patriarchalen Ordnung, und genau deshalb ist sie unantastbar.

»Hässlichkeit« von Moshtari Hilal

Woher kommt der Hass in ›Hässlichkeit‹? Auf sehr besondere Art geht Moshtari Hilal der Frage nach, warum wir uns vor dem Hässlichen fürchten, in diesem Buch versammelt sie essayistische Analysen, Zeichnungen, lyrische Reflektionen, Erinnerungen und Bildzitate.

Wer wären wir, wenn wir zufrieden mit unserem Aussehen wären, wenn Körper nicht beschämt, sexualisiert, objektifiziert und zu Projektionsflächen gemacht würden? Welche Macht und welches Leid geht von Schönheitsnormen aus und welchen Einfluss hat Scham auf unser tägliches Leben? Unsere äußere Erscheinung und wie sie gelesen wird hat einen erschreckend großen Einfluss darauf, was für ein Leben wir leben. Höchste Zeit, sich selbst einmal nach all dem zu befragen.

Susanne Kaiser: Backlash. Tropen Verlag, 22€.
Katja Kullmann: Die singuläre Frau. Hanser Berlin, 24€.
Hörbuch gelesen von Anna Maria Mühe, DAV, 9 h 10 min, 22€.
Lisa Jaspers, Naomi Rylland, Silvie Horch (Hrsg.): Unlearn Patriarchy. Ullstein, 22,99€.
Emilia Roig: Das Ende der Ehe. Für eine Revolution der Liebe. Ullstein, 22,99€.
Moshtari Hilal: Hässlichkeit. Carl Hanser Verlag, 23€.

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